Schulterschmerzen können den Alltag betroffener Patienten massiv, manchmal über Jahre hinweg stark einschränken. Meist sind Verletzungen, Verschleiß oder Entzündungen von Weichteilen der Schulter die Ursache. Knöcherne Ursachen sind meist durch Unfälle bedingt und treten überwiegend akut auf. Die hohe Anfälligkeit der Schulter liegt nicht zuletzt in deren hoher Komplexität begründet.
Die Schulter ist das Gelenk mit der höchsten Beweglichkeit. Das Hauptgelenk bildet die Verbindung von Oberarmknochen und Schulterblatt, in dem eine Vertiefung, die Gelenkpfanne liegt, welche den Oberarmkopf umfasst. Im Gegensatz zu Knie und Hüfte ist diese Pfanne jedoch nur sehr flach ausgeprägt. Muskeln, Sehnen und Bänder sorgen deshalb für die eigentliche Stabilität des Gelenkes. Dieser Aufbau garantiert die hohe Beweglichkeit, macht das Gelenk auf der anderen Seite allerdings auch anfällig für Verletzungen, Verschleiß und Entzündungen.
Die Ursachen chronischer Schulterschmerzen sind mannigfaltig und liegen häufig in der Weichteilstruktur des Gelenks begründet. Schwache oder untrainierte Muskeln, dauernde Überlastung und Fehlstellungen können Schmerzen in der Schulter nach sich ziehen. Fast vorprogrammiert ist Schulterverschleiß bei „andauernden Überkopfarbeiten“ oder bei bestimmten Sportarten wie Handball, Tennis oder Golf. Aber auch routinierte, immer gleiche Bewegungen mit Beteiligung von Schulter, Arm und Hand bei Arbeit und Hobby können nach Jahren zu Beschwerden mit der Schulter führen.
Die durch den Verschleiß bedingten Veränderungen merkt man dann zuerst in Form von Bewegungseinschränkungen. Die Schulter ist da häufig schon einem ständigen Reizzustand ausgesetzt. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, bis sich schmerzhafte Entzündungen und Schwellungen einstellen. Verschleiß in Form einer Arthrose ist bei Schultergelenken weitaus weniger der Fall als bei Knie- oder Hüftgelenken. Bei Schulterschmerzen sollte man immer beachten, dass vermeintliche Schulterschmerzen auch von Organen im Brust- und Bauchraum oder von der Wirbelsäule ausgehen können. Ein erfahrener Orthopäde wird dies bei der Diagnostik stets berücksichtigen. Häufig sind folgende Krankheitsbilder für den Schmerz verantwortlich:
• Impingement-Syndrom: Ein häufig durch dauernde Belastung bei Sport und körperlicher Arbeit verursachte Verengung des Gelenkes, das zu „Einklemmungen“ von Weichteilen im Gelenkspalt führt. Betroffene leiden meist bei Abspreizung des Armes unter Schmerzen.
• Riss der Rotatorenmanschette: Dieses Gefüge aus vier Muskeln und deren Sehnen stabilisiert die Schulter maßgeblich und ist für die Drehbewegung der Schulter verantwortlich. Ein Ein- oder Abreissen kann durch oben beschriebenes Impingement, durch Verschleißerscheinungen oder übermäßige und abrupte Belastung verursacht werden.
• Kalkschulter: Bei einer „Kalkschulter“ kommt es zu einer Einlagerung von Kalk in die Sehnen des Schultergelenkes unterhalb des Schulterdaches im Bereich der Rotatorenmanschette. Mit der Folge, dass der Raum unter dem Schulterdach durch die Kalkablagerungen stark verengt wird (Impingement-Syndrom) oder Entzündungen auftreten. Das Phänomen führt zu teils unerträglichen Schmerzen für Betroffene.
• Schultersteife („Frozen shoulder“): Die bei weitem häufigste Form ist die spontan auftretende Schultersteife, auch primäre Capsulitis adhaesiva genannt. Es kommt hier ohne äußere Ursache zu einer Entzündung mit Verklebungen und Verwachsungen der Gelenkkapsel, was zu einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit bis hin zu fast völligen Versteifung führt.
• Arthrose des Schultergelenkes: Wie bei allen anderen Gelenken auch ist der Verschleiß des schützenden Knorpels ursächlich für die Arthrose des Schultergelenkes.
Diagnostik:
Bei Schulterschmerzen unerlässlich ist ein ausführliches Gespräch des Orthopäden mit dem Patienten. Die Antworten des Patienten geben dem Arzt dabei oft entscheidende Hinweise auf den Ursprung der Beschwerden. Daran anschließen sollte immer eine umfassende körperliche Untersuchung, bei der der Arzt Körperbau und Körperhaltung beurteilt. Ebenso wichtig ist die manuelle Untersuchung des Patienten. Der Orthopäde tastet Muskeln und Sehnenansätze. Wichtige Hinweise liefern auch Muskelkraft und Beweglichkeitstests mit denen der Mediziner auch das Ausmaß der Schmerzhaftigkeit prüft. Je nach Verdacht ergänzen bildgebende Verfahren, wie Ultraschall, Röntgen oder MRT die Diagnostik. Bei Schmerzen, die über einen längeren Zeitraum bestehen, ohne dass unter Behandlung eine Besserung erzielt wurde, kann eine Spiegelung (Arthroskopie) des Gelenkes zur Diagnostik herangezogen werden.
Therapeutische Möglichkeiten:
Je nach Ursache gestaltet sich die Therapie von chronischen Schulterschmerzen sehr unterschiedlich. Je nach Art und Ausprägung der Beschwerden stehen sowohl konservative als auch operative Möglichkeiten zur Verfügung. In der konservativen Therapie versucht man zunächst mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln, Krankengymnastik mit Wärme, Kälte und Elektrotherapie die Bewegungseinschränkung zu beseitigen, um Folgeerkrankungen durch Schonung des Gelenkes zu vermeiden. Bei hartnäckigen Schwierigkeiten können auch schwach wirksame Opiate oder das Einspritzen von Cortison zur Anwendung kommen. Kalkdepots versucht man mit Stoßwellen von außen aufzulösen. Zeigen die konservativen Therapien keine Wirkung, stehen verschiedene operative Techniken zu Verfügung. Dabei haben sich die minimalinvasiven und arthroskopischen Verfahren in den letzten Jahren stark entwickelt. Heute lassen sich mit wenig Nebenwirkungen Fehlstellungen korrigieren, Sehnen erneuern, Verklebungen und Verkalkungen lösen und entzündliches Gewebe entfernen. Auch der Ersatz des Schultergelenkes ist bei ausgeprägter Arthrose heutzutage ein Routineverfahren.